Restrukturierung der Holz Design Moers GmbH

06. Mai 2021 | Aus der Kanzlei

Die Restrukturierung der Holz Design Moers GmbH in Eigenverwaltung war nicht von Erfolg gekrönt. Die vergebliche Suche nach einem Investor und weltweit steigende Rohstoffpreise ließen eine positive Fortführungsprognose nicht zu. Unmittelbar nach dem jetzt eröffneten Insolvenzverfahren soll der Betrieb stillgelegt und abgewickelt werden. Zu den Hintergründen dieses Verfahrens und auch am Niederrhein spürbaren Verwerfungen des Rohstoffmarktes befragten wir unseren jetzt zum Insolvenzverwalter bestellten Partner André Dobiey.

 

Herr Dobiey – im Fall der Holz Design Moers GmbH standen die Sterne für eine Fortführung des Unternehmens von Anfang an nicht besonders gut. Die äußerst dynamischen Preisentwicklungen auf dem weltweiten Holzmarkt dürften Gift für eine erfolgreiche Sanierung gewesen sein, oder?

Die seit 2020 zu beobachtende Holzpreis-Explosion hat auch unsere Bemühungen ganz massiv beeinträchtigt. Ich glaube, sagen zu können, dass nahezu niemand auf dieses Szenario vorbereitet gewesen ist.

Jörn Kimmich, der Präsident des Deutschen Säge- und Holzindustrie Bundesverbandes e.V., sagte: „Bedingt durch die Sondereffekte der Corona-Pandemie und Verwerfungen auf den Weltmärkten erleben wir derzeit ein hochdynamisches Geschehen auf dem Holzmarkt.“ Im Zuge der Pandemie verschoben sich zudem private Prioritäten: Über die ganze Welt wurden Bau- und Renovierungsprojekte vorangetrieben. Die starke Nachfrage aus den USA und aus Asien heizt den Markt zusätzlich an.

Wie bei jeder Krise gibt es auch hier einige Gewinner und viele Verlierer. Zahllose Handwerksbetriebe versuchen mittlerweile vergeblich, an Holz zu kommen. Viele Aufträge können deshalb nur noch schwer und mit großer zeitlicher Verzögerung abgearbeitet werden.  Die Holz Design Moers GmbH gehörte in diesem Zusammenhang sicher auch eher zu den Verlierern, da der zu erzielende Rohertrag von Tag zu Tag kleiner und zugleich der Vorfinanzierungsaufwand größer wurde.

Der »BaumarktManager« schrieb: „Steigender Wettbewerbs- und Preisdruck trieben das Unternehmen in die Enge. Außerdem waren die Umsätze im Sommer katastrophal.“

Die explodierenden Rohstoffpreise – insbesondere bei Holzprodukten – haben die Schuldnerin seit ihrer Gründung im Herbst 2020 als Nachfolgegesellschaft der insolventen HDM GmbH mit voller Wucht getroffen. Die Preise sind hier allein im letzten halben Jahr im Durchschnitt um über 30 % gestiegen, gerade nochmal in den letzten Monaten während des Eröffnungsverfahrens. Der ohnehin angeschlagene Vollsortimenter geriet so zusätzlich unter Druck. Zwar konnte die Geschäftsführung merkliche Preiserhöhungen gegenüber den Kunden, vor allem Baumärkten, durchsetzen. Allerdings nicht genug, um den verlorenen Rohertrag wettzumachen und insbesondere auch nicht vor dem Hintergrund der fehlenden Liquidität zur Vorfinanzierung von deutlich teurer werdenden Produkten.

Welche Rolle spielt der Umstand, dass der Bodenbelagshersteller in seiner rund 60-jährigen Geschichte nicht zum ersten Mal in existenzbedrohende Schwierigkeiten geraten ist?

Nachdem das Unternehmen nun binnen fünf Jahren drei Mal Insolvenz angemeldet hat, kam diese Entwicklung – unabhängig von der Corona-Krise einerseits und den explodierenden Rohstoffpreisen andererseits – für uns nicht völlig überraschend. Meine Kollegen von der Kanzlei VOIGT SALUS, der Unternehmensberatungsgesellschaft Montag & Montag und ich als vorläufiger Sachwalter haben im Rahmen des Eigenverwaltungsverfahrens trotzdem alles Menschenmögliche versucht. Unser gemeinsames Ziel war es, aus der Holz Design Moers GmbH wieder ein zukunfts- und wettbewerbsfähiges Unternehmen zu machen.

Angesichts des hochinteressanten Unternehmensgegenstandes und der motivierten Belegschaft – deren Löhne und Gehälter über das Insolvenzgeld bis Ende April 2021 gesichert waren – bestand durchaus die  optimistische Vorstellung, dass eine rasche Sanierung möglich ist und es gab auch ernsthafte Interessenten. Leider kam es anders. Entscheidend war letztendlich sicher auch der Umstand, dass wir in der zur Verfügung stehenden Zeit keinen Investor fanden, der dazu bereit war, umgehend die Finanzierungsverantwortung zu übernehmen.

Wie geht es jetzt weiter?

Das Amtsgericht Kleve hat das Insolvenzverfahren eröffnet. Wir werden den Betrieb jetzt nolens volens mit Eröffnung stilllegen und abwickeln. Dabei unterstützt uns in den kommenden Wochen noch ein aus knapp  25 Personen bestehendes Abwicklungsteam.

Ein großer Wermutstropfen ist die Tatsache, dass 150 Mitarbeitende nun bald ihre Kündigung und ihre Freistellung bekommen werden.

Es ist eine Sache, wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass ein Unternehmen aus bestimmten Gründen nicht mehr zukunfts- bzw. konkurrenzfähig ist. Eine andere Sache ist es, Beschäftigte entlassen zu müssen – teilweise nach über 40jähriger Betriebszugehörigkeit. Das macht man immer schweren Herzens. Ich hoffe sehr, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeitnah in anderen Unternehmen eine berufliche Perspektive finden werden.

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